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Stehen wir vor einer weltweiten Deflation?

(Wolnzach, hr)

Wo steuert die Landwirtschaft hin? Genauer gesagt, wie werden sich die Preise im Bereich Weizen, Mais und Raps entwickeln? Das war die zentrale Frage des von der Hallertauer Volksbank organisierten Landwirtschaftsforums.Rund 200 Landwirte verfolgten die Ausführungen von Dr. Christian Bickert am gestrigen Abend im Deutschen Hopfenmuseum.

Welche Faktoren lassen die Preise weltweit steigen oder in den Keller gehen? Wie hängt die Krise in Argentinien mit dem Weizenpreis zusammen und welche Rolle spielen die Chinesen? Fragen über Fragen, auf die ein normaler Landwirt kaum eine Antwort finden kann, aber dennoch für jeden von großem Interesse sind. So war es auch nicht verwunderlich, dass die Plätze beim Landwirtschaftsforum schnell belegt waren. „Es freut uns, dass diese Veranstaltung so regen Zuspruch findet“, erklärte Thomas Lange, Vorstand der Hallertauer Volksbank.

200 Bauern aus der ganzen Region waren nach Wolnzach gekommen, um sich dort über die Lage am Weltmarkt zu informieren. Dr. Christian Bickert, der seit 20 Jahren für die Deutsche Landwirtschaftsgesellschaft die Märkte in diesem Bereich beobachtet, zeigte die Entwicklungen im Bereich von Getreide und Ölsaaten auf.

„Drei Jahre gute Ernten, die Party ist vorbei“, überschrieb er seine Ausführungen. Damit war eines klar: Rosig sind die Aussichten im Getreidebereich nicht. Alleine wegen der zentralen Krisen, der schwächelnden Wirtschaft in China und der durch drei gute Ernten gefüllten Lager, gibt es für den Experten beim Weizen in Sachen Preis nur eine Richtung: nach unten! Anschaulich verdeutlichte er seine Annahmen und stützte sich dabei vor allem auf langjährige Entwicklungen.

Ausgehend vom Weizen spannte Bickert aber den Bogen noch weiter und Bezog auch Ölsaaten (Raps, Palmöl) und Dünger mit in seine Überlegungen ein. „Haben wir eine weltweite Deflation?“ Eine Frage, die er nicht nur mit dem Verhältnis Euro zu Dollar, sondern vor allem mit dem Blick in andere Länder wie Argentinien, Kanada, USA und Brasilien zu beantworten versuchte. Hierbei wurde deutlich, dass sich der Warenverkehr umstellt, von einer angebotsorientierten Wirtschaft hin zu einer nachfrageorientierten. „In einer Deflation wird man zuerst das Lager leeren und erst wenn Bedarf besteht einkaufen“, so Bickert. Dies hat somit unmittelbare Folgen für den Preis, der bekanntermaßen durch Angebot und Nachfrage bestimmt wird. Für die Hallertauer Landwirte, die Weizen oder Getreide anbauen verheißt diese Einschätzung nichts Gutes.

Bei den Ölssaten fiel seine Einschätzung etwas differenzierter aus. Hier gibt es aktuell aufgrund guter Ernten in Übersee eine hohe Preisdifferenz, durch die es auch für europäische Firmen lukrativ sein kann Raps zu importieren. „Es ist einfach eine Kostenfrage, denn wenn der Preis für den Import niedrig genug ist, wird jede Firma dies in Erwägung ziehen, auch wenn man damit rechnen muss, dass die Lieferung mit gentechnisch veränderten Saaten verunreinig wurde und somit nicht verwendet werden darf.“ Ein Zahlenspiel, das letztlich wieder vom Verhältnis Euro zu Dollar abhängt. Dennoch sieht Bickert Chancen auf dem Markt: In Indonesien rechnet man mit einer schlechten Palmölernte, was dann wiederrum Chancen eröffnen könnte.

Chancen sieht der Experte aber auch in einem anderen Sektor, denn während die Preise für Weizen und Raps im Verkauf niedrig sind, sind es auch die Einkaufspreise für Dünger. Hier stehen die Landwirte auf der anderen Seite und können von einem weltweiten Überangebot profitieren. Wie sich die Lage für 2016 insgesamt entwickeln wird, das aber mochte am Ende auch Bickert nicht genau sagen, zu groß sind die Fragezeichen auf der ganzen Welt. Eines dieser Fragezeichen ist die kommende Reisernte und das Verhalten der persisch-arabischen Länder darauf. „In diesem Punkt spielt auch der Islamische Staat eine zentrale Rolle, denn diese Länder werden ihre Bevölkerung ernähren müssen, andernfalls bekommen sie ein Problem mit den Fanatikern.“

Wie komplex die Weltwirtschaft und vor allem die Preisentwicklung schlussendlich sind, veranschaulichte Christian Bickert in seinen Ausführungen. Keine einfache Ausgangslage für die heimischen Landwirte. „Wir wünschen uns, dass sie nur in Teilen Recht behalten werden“, so Robert Högl, seitens der Hallertauer Volksbank, dennoch machte er deutlich: „Wir stehen auch in schwierigen Zeiten zu unseren Landwirten.“ Ein Satz, den am Ende auch die beiden Vorstände Thomas Lange und Andreas Streb noch einmal unterstrichen und dabei die betonten, dass die Landwirtschaft ein zentraler Wirtschaftsfaktor der Region ist.


 

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