Landkreis jetzt mit eigenem Abgeordneten im Bundestag vertreten
(Pfaffenhofen, wk)Nun ja, so ganz stimmt es nicht, denn der ab Jahresende in Wolnzach lebende Bundestagsabgeordnete Dieter Janecek wurde eigentlich über die Landesliste der Grünen in den Bundestag gewählt und hatte im Münchener Wahlkreis West/Mitte kandidiert. Doch jetzt ist er durch seinem Umzug nach Wolnzach Landkreisbürger und damit neben Erich Irlstorfer (CSU), der die Landkreise Freising und Pfaffenhofen vertritt, auch Bundestagsabgeordneter des Landkreises.
Mit Dieter Janecek gewinnt der Landkreis einen profilierten Politiker, der schon früher viel von sich reden machte. So hatten auf seine Initiative hin die Grünen das erfolgreiche Bürgerbegehren gegen die 3. Startbahn am Flughafen München gestartet und über den Europäischen Gerichtshof ein Urteil erstritten, das direkt betroffenen Bürgern das Recht einräumt, Maßnahmen zur Verringerung von grenzwertüberschreitenden Feinstaubbelastungen einzufordern, was letztlich die Stadt München dazu zwang, die Umweltzonen auszuweisen. Außerdem war er von 2008 bis 2014 Landesvorsitzender der Grünen und zog 2013 in den Bundestag ein. Dort ist er der wirtschaftspolitische Sprecher seiner Fraktion. Seinen Schwerpunkt sieht der Diplom-Politologe in grüner Industriepolitik, Mobilität, Energiepolitik sowie den nachhaltigen Umgang mit natürlichen Ressourcen. Kein Wunder also, dass er in den Bundestagsausschüssen für Wirtschaft und Energie sowie im Ausschuss Digitale Agenda sitzt und als Stellvertreter im Ausschuss für Tourismus.
Der Umzug in den Landkreis war für die Kreisvorsitzende Kerstin Schnapp eine gute Gelegenheit, Janecek zu einem Gespräch einzuladen. In fast familiärer Atmosphäre nutzte er die Gelegenheit, auf aktuelle Themen einzugehen, wobei er gleich zwei Bürgermeister Pfaffenhofens, Thomas Herker (SPD) und Roland Dörfler (Grüne) begrüßen konnte.
Er ging im Gespräch kurz auf die Pariser Klimakonferenz ein und lobte den Papst, der sich ebenfalls dafür ausgesprochen hatte, Wohlstand und Ökologie zusammen zu bringen. Nach Auffassung von Janacek hätte das Klimaziel für das Jahr 2050 noch deutlich höher ausfallen können. Das war dann auch der Anknüpfungspunkt für seinen Bericht aus Abu Dhabi, wo er an der Sitzung der Internationalen Organisation für erneuerbare Energien teilgenommen hatte. Diese Agentur wurde 2009 in Bonn gegründet und hat derzeit 144 Staaten als Mitglieder, 30 weitere Staaten haben eine Mitgliedschaft beantragt. Großen Anteil an den Vorbereitungen zur Gründung hatte der verstorbene SPD-Umweltexperte Hermann Scheer. Janecek sieht in dieser Organisation den Vorteil, dass sich viele Staaten über erneuerbare Energien austauschen und vorantreiben können. „Wir sind nicht allein beim Thema erneuerbare Energien“, unterstrich Janecek. So hat China im Jahr 2014 mehr auf diesem Sektor investiert, als in Kohle und Atom. Und Marokko hat sich bis 2025 das Ziel gesetzt, Energie zu 100 Prozent aus erneuerbarer Energie zu gewinnen, in Deutschland liegt der aktuelle Wert bei gut 30 Prozent. China hat außerdem doppelt so viel in Windenergie investiert, wie Europa gesamt. „Der frühere Einsatz für erneuerbare Energien hat sich nicht nur für Kommunen gelohnt, sondern macht sich jetzt auch weltweit bemerkbar“. Die Stückkosten für moderne Anlagen sinken dadurch immer weiter, doch es fehlen noch kostengünstige integrierte Lösungen, so Janecek.
Neben dem Thema Energie ging Janecek auch auf Russland ein sowie auf die aktuelle Propaganda im Zusammenhang mit dem Berliner Mädchen, das kurzfristig verschwunden war und das der russische Außenminister zum Anlass nahm, die Bundesregierung aufzufordern, diesen Fall aufzuklären, weil von interessierter russischer Seite Flüchtlinge dafür verantwortlich gemacht wurden. „Ein Versuch, die politische Lage in Deutschland zu destabilisieren“, wie die Demonstrationen von Russlanddeutschen und Russen in vielen Städten, wie auch in Ingolstadt, zeigten. Janecek ging auch auf die Reise von Ministerpräsident Horst Seehofer zu Putin ein und bezeichnete diese Reise als „Nebenaußenpolitik“, was Seehofer konterte mit der Bemerkung, er lasse sich von fünftklassigen Politikern keine Neben-Außenpolitik vorwerfen. Wie zu hören war, ist ein Teil der Reise ein Großgeschäft des Siemens-Konzerns mit Russland. Auch auf seine Reise mit der deutschen Delegation unter Wirtschaftsminister Gabriel (SPD) nach Saudi Arabien ging Janecek ein, er hatte sich dabei kritisch über Waffenverkäufe an dieses Land geäußert und verwies auf die vielen Delegationen, die derzeit in den Iran reisten, obwohl dort doch mehr Menschen hingerichtet würden, als vor kurzem aktuell in Saudi Arabien.
Auch das Thema TTIP kam zur Sprache, wobei Janecek erwähnte, dass Präsident Obama sich für die kommende Hannover-Messe angekündigt hätte. Janecek erwartet dabei eine gemeinsame positive Stellungnahme von Kanzlerin Merkel und Obama zu dem Thema sowie darauf folgend eine rasche Vertragsvereinbarung zu TTIP. Neben den günstigen Ölpreisen und deren vielleicht negativen Auswirkungen auf die deutsche Exportwirtschaft, weil die Ölstaaten nicht mehr so viele Einnahmen hätten, um Waren aus Deutschland zu kaufen, spielte abschließend auch das Thema Flüchtlinge eine Rolle. Janecek warnte davor, die vor Krieg und Verfolgung Geflohenen mit Nöten der einheimischen Bevölkerung (z.B. Wohnungen, öffentliche Einrichtungen) gegeneinander aufzuhetzen, wie es einige maßgebliche Politiker derzeit tun. Als Beispiel nannte er Finanzminister Söder, der in Regensburg davor warnte, dass durch die Flüchtlinge nicht genügend Gelder für öffentliche Einrichtungen wie zum Beispiel Bibliotheken vorhanden seien. „Diese Reden machen doch erst die AfD populär“, so Janecek.
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