Er war da - der bayrische König des Rock'n'Roll
(Scheyern, rs)In früheren Zeiten haben Großväter ihren Enkeln Anekdoten aus ihrer Jugend erzählt; heutzutage kann man - ganz besonders bei einem gestandenen Musiker - den Lebenslauf über eine musikalische Zeitreise vermitteln. So wie Günther Sigl, Sänger und Bassist der legendären Spider Murphy Gang, der am Samstagabend im Gewölbe des Scheyrer Prielhofs seine Vita Revue passieren ließ.
Was das musikalische Programm anging, bewegte Sigl sich mit seinen musikalischen Mitstreitern zwischen - wie sollte es anders sein - Hits der "kleinen bayrischen Rock'nRoll-Combo", mit der er so oft über die Jahrzehnte hinweg unterwegs war (und immer noch ist), Oldies der 60er, 70er und 80er-Jahre sowie Stücken seiner Solo-CD "Habe die Ehre", die er 2010 eingespielt hatte.
Dem Publikum wurde aber weit mehr geboten als ein Querschnitt aus über 50 Jahren Musikgeschichte; mit den Anekdoten aus seiner Jugendzeit bis in die Gegenwart vermittelte Sigl dem - auch nicht mehr ganz jungen - Publikum eine Zeitgeschichte der ganz besonderen Art. Vom Röhrenradio, über das AFN gehört wurde, wenn der Papa nicht daheim war, über die Folgen der Katholischen Knabenschule, die er in seiner Heimatstadt Landsberg am Lech besuchte bis hin zu Giesings Höhen und Flaucher-Strand - man hatte den ganzen Abend über die Entwicklung von München, seiner Bewohner und der jeweiligen zeitgenössischen Musik vor Augen bzw. in den Ohren.
Klar passt dazu die "Schickeria" genauso wie das "Bella Italia" im Restaurante Ischia in der Münchener Alfonsstraße oder auch der "Skandal im Sperrbezirk". Wie sollte man gesellschaftliche Entwicklungen über die Jahrzehnte besser beschreiben als mit Musik, präsentiert von jemandem, der es leibhaftig erlebt hat und im Grunde genommen immer "mittendrin" war?
70 wird Günther Sigl im kommenden Jahr, andere haben sich in diesem Alter schon seit Jahren zur Ruhe gesetzt, er tourt sogar noch mit seiner eigenen Band durch die Lande, wenn die Spider Murphy Gang einmal Pause hat. Günther Sigl - ein Vollblutmusiker durch und durch. Willie Duncan ("der bayrischste Schotte in Regensburg") an der Gitarre, der ehemalige "Regensburger Domspatz" Wolfgang Götz an den Tasteninstrumenten sowie die Rhythmus-Section bestehend aus Robert Gorzawsky (Schlagzeug, Ex-Cagey Strings) und Dieter Radig (Percussion) waren Sigls musikalische Mitstreiter beim Auftritt in Scheyern. Von 1,62 Meter (Sigl) bis gefühlte 1,95 (Duncan) reichten die körperlichen Ausmaße, von Elvis' "Teddy Bear" über "Sugar Sugar Baby" und Rocco Granatas "Marina" bis hin zu eben Klassikern der Spiders spannte sich der musikalische Bogen.
Jeder Mensch geht mit dem Älterwerden anders um. Der eine wird alters-aktiv, der andere versinkt in Depressionen, wieder andere vergessen schlicht und einfach wesentliche Teile ihres Lebens. Günther Sigl macht das, was er sein Leben lang gemacht hat: Musik eben, und er führt seinen Fans darüber auch Teile aus deren eigenen Erinnerung vor Augen, die möglicherweise schon längst in Vergessenheit geraten waren. Schließlich war man ja Teile des Wegs gemeinsam gegangen.
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