Windräder - Ilmmünster bleibt sachlich
(Ilmmünster, rs)Zu Beginn ahnte er Schlimmes und bat um kooperativen Umgang miteinander, am Ende aber war er froh, eine kontroverse und sachlich geführte Veranstaltung gut über die Bühne gebracht zu haben: Ilmmünsters Bürgermeister Anton Steinberger (CSU) hatte mit der Einladung zur Information geplanter Windräder im Gemeindebereich Befürworter gleichermaßen wie Gegner der Pläne mobilisiert.
Für die breite Masse der ungefähr 200 Interessierten in der Aula der Grundschule, die sich einfach "nur" informieren lassen wollten, war die persönliche Bewertung und Urteilsfindung hingegen angesichts vieler referenzierter Studien, technisch komplexer Zusammenhänge und noch nicht finaler Planungsunterlagen schwierig. Zu sehr waren und sind die Argumentationen abhängig von der Position der jeweiligen Seite, die sie benennt. Studienrückschlüsse und Erfahrungsberichte seien in sehr vielen Fällen darüber hinaus nicht zwangsläufig auf andere Umgebungsparameter übertragbar, Ergebnisse medizinisch-technischer Untersuchungen ganz offensichtlich in einem sehr starken Maße geprägt durch den Auftraggeber derselben. Jedenfalls scheint es so, dass jedes Argument der einen Fraktion widerlegt werden kann durch andere Resultate der jeweiligen Gegenseite.
Philippe Fortuné, Andreas Herschmann, Anton Steinberger (von links)
Bürgermeister Steinberger machte in seinem Appell am Anfang der Informationsveranstaltung deutlich, dass es am Dienstagabend rein um die Informationsvermittlung zu Planungsstand und weiterem Vorgehen bezüglich der 4 möglichen Windkrafträder im Gemeindebereich gehe. Der vorgesehene Standort liegt auf einem Grund der Wittelsbacher Forstbetriebe im Gebiet von Herrnrast an der Gemeindegrenze Ilmmünsters zu Reichertshausen und Paunzhausen. Steinberger machte von Beginn an deutlich, dass er selber ebenso wie sämtliche Mitglieder des Gemeinderats keine meinungsbildende Stellungnahme oder Positionierung kundtun werde; man warte diesbezüglich das Ergebnis des durch eine Bürgerinitiative anberaumten Bürgerbegehrens ab, das innerhalb der kommenden 3 Monate durchgeführt werden solle. "Bei uns entscheiden die Bürger über die Windräder", so das Gemeindeoberhaupt.
Dass sich die Entscheidung zu einem derart einschneidenden Projekt aber rein auf die Bürger Ilmmünsters reduziere, stieß wiederum bei vielen Betroffenen aus den Nachbargemeinden Reichertshausen und Paunzhausen auf Unverständnis. Sowohl in Salmading (Gemeinde Reichertshausen) als auch in Letten (Gemeinde Paunzhausen) seien Anwohner wesentlich näher am geplanten Standort der Windkraftanlagen als in der federführenden Gemeinde Ilmmünster. Und bei einer Gesamthöhe von 229,5 Metern sowie einem geplanten Rotordurchmesser von 141 Metern werden die GROWIANE ja auch nicht wirklich zu übersehen sein. Die Fragen, Sorgen und Ängste der Betroffenen lassen sich entsprechend der behandelten Themen wie folgt zusammenfassen:
- Warum werden bei uns vier Anlagen auf einem Fleck geplant? Macht dieses Energiekonzept überhaupt Sinn?
- Welche gesundheitlichen Schäden müssen befürchtet werden? Macht Infraschall krank? Kann es zu Störungen durch Reflexionen, Schatten- oder Eiswurf kommen?
- Wie ist der Flächenbedarf für die Anlagen und entsteht Schaden für den Wald und die Natur?
- Kann in unserer Region mit einer Windkraftanlage überhaupt eine nennenswerte Rendite erzielt werden? wer sind - wenn denn rentabel - die Profiteure einer Windkraftanlage?
Für - wo immer möglich - Antworten auf die dementsprechenden Fragen standen der Vorstand der Bürger-Energie-Genossenschaft im Landkreis Pfaffenhofen e.G., Andreas Herschmann, sowie Florian Schindler (planerisch verantwortlicher Projektleiter der Firma Primus Energie GmbH) zur Verfügung. Die Moderation hatte Philippe Fortuné übernommen, hauptberuflicher Moderator und Prozessbegleiter, der sich durch teilweise allzu rigoroses Abbrechen aufkommender Diskussion den Unmut einiger Teilnehmer zuzog. Zugute halten muss man ihm jedoch, dass die Veranstaltung ohne dieses Eingreifen wahrscheinlich eher bis Mitternacht gedauert hätte. Die fehlende Bestuhlung in der Schulaula forderte ohnehin auch nach mehr als 2 Stunden des Zuhörens und Diskutierens bereits ihren Tribut bei manch einem "Fußkranken".
Von Beginn an wurden die Fronten im Auditorium deutlich: hier die Mitglieder der Bürgerinitiative gegen "Windräder in Ilmmünster Herrenrast", unterstützt durch - laut eigenen Aussagen - Betroffene der Windkrafträder in Gerolsbach und Göbelsbach; dort die Befürworter aus Energiegenossenschaft und Windkraftspezialisten der Industrie. Eine straff geplante Agenda ließ während der Vorträge zu "Vorstellung der Bürgerenergiegenossenschaft" und "Planvorstellung durch das Projektbüro" kaum Raum für Diskussionen, allenfalls Verständnisfragen konnten gestellt werden. Das entsprach dem, was Bürgermeister Steinberger zuvor angekündigt hatte: es handelte sich um eine "Informationsveranstaltung", Diskussionsveranstaltungen sollen - so seine Zusage - während des begonnenen Entscheidungsprozesses folgen. Der einstündig geplante Block "Fragen & Antworten" reichte definitiv nicht aus, um Unklarheiten zu beseitigen, Zusammenhänge zu erläutern oder auch auseinander gehende Positionen klar zu umreißen. Entweder basierten die Argumente - gleich welcher Seite - auf Ergebnissen von Studien und Untersuchungen, die naturgemäß dem Gros der Veranstaltungsteilnehmer nicht bekannt waren und die somit auch nicht bewerten konnten; oder aber Fragen gingen so sehr ins Detail, dass auch dazu die zum Verständnis notwendigen Hintergrundinformationen fehlten. Allzu vieles musste mit "Es kommt darauf an ..." beantwortet werden oder aber es wurde auf die in der Aula anwesenden Experten wie neben den Referenten u.a. Dr. Annette Göppert (Baujuristin im Landratsamt), Otmal Schaal (Bund Naturschutz Bayern), Dr. Helmut Muthig (Energie- und Solarverein Pfaffenhofen), Nadja Fischer (Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Pfaffenhofen) und Franz Lisson (Bürgerinitiative gegen "Windräder in Ilmmünster Herrenrast") verwiesen, die nach dem Podium für Fragen verfügbar waren.
Die Veranstaltung zum "Ilmmünsterer Bürgerwindpark mit Planvorstellung und Expertendialog" sollte den Bürgern eine initiale Information vermitteln; das ist gut so, es muss aber auf diesem Weg weitergehen. Im Interesse aller, die noch in der Meinungsfindung sind - und das ist die Mehrheit aller, die am Dienstagabend dabei waren -, und im Interesse von Gesellschaft und Gemeinschaft tun alle Beteiligten gut daran, den beschrittenen Weg der bei allen kontroversen Ansichten sachlichen Beweisführung und Auseinandersetzung fortzuführen.
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