Über 2.900 Bürger gegen Hähnchenmast in Eschelbach
Am heutigen Mittwochvormittag hat der Erörterungstermin im Rahmen des Genehmigungsverfahrens zur Erweiterung der Eschelbacher Hähnchenmastanlage begonnen. Josef und Renate Höckmeier wollen dort bis zu 144 600 Tiere mästen. Dass diese Anhörung überhaupt von Relevanz ist, bezweifelte ein Vertreter der Tierrechtsorganisation Peta, während die von Höckmeier und dem Bund Naturschutz beauftragten Rechtsanwälte in einen regen gegenseitigen Austausch von Argumenten aber auch juristischen Auslegungen eintraten.
Zwölf Punkte umfasste die Tagesordnung. Heute schaffte man acht davon: Verfahren, Arbeitsschutz, Baurecht, Brandschutz, Luftreinhaltung, umweltmedizinische Auswirkungen, Naturschutz, Wasserwirtschaft wurden behandelt. Auf dem Podium saßen unter der Veranstaltungsleitung von Alexandra Schönauer, die am Pfaffenhofener Landratsamt als Abteilungsleiterin unter anderem für die juristische Beratung zuständig ist, Behördenvertreter sowie Josef Höckmeier mit seiner anwaltlichen Vertretung. Irritierend wie ebenso überraschend war, dass Schönauer das „Anfertigen von „Bild und/oder Tonaufnahmen“ in der Volksfesthalle sowohl per Plakataushang als auch mündlich ausdrücklich verboten hat.
Die Vertreterin des Landratsamtes sagte eingangs, dass es 243 Einzeleinwendungen gegeben habe, dazu 20 Sammeleinwendungen, die insgesamt 2.666 Unterschriften tragen. Der Erörterungstermin bedeute aber nicht, so Schönauer, dass Entscheidungen über die Zulässigkeit das Vorhabens getroffen würden; diese kämen erst später, nach abschließender Prüfung aller Unterlagen, Stellungnahmen und Einwände.
Hähnchenmastanlage nach neuesten Erkenntnissen
Der Anwalt Höckmeiers stellte unter anderem voran, dass die Hallen nach neuesten Erkenntnissen gebaut, beziehungsweise saniert werden sollen. So werde etwa ein Luftwäscher als freiwillige Leistung eingebaut „die weit über den Stand der (üblicherweise angewandten) Technik hinausgeht."
Wortmeldungen von den nicht sehr zahlreich erschienenen privaten Einwendern waren eher spärlich. Zum Arbeitsschutz gab es einige Publikumsfragen. Diese betrafen die Beschäftigung von Jugendlichen in der Mastanlage beim Verladen der Tiere zum anschließenden Abtransport und ob diese die gesetzlich geforderten Atemschutzmasken bekämen, welches Alter die jungen Leute hätten, um wie viele es sich handeln würde und ob für sie Arbeitsverträge vorlägen.
Es sei richtig, so Höckmeier, dass Jugendliche beschäftigt würden: „Wir haben dementsprechend Schutzkleidung und Staubmasken.“ Arbeitsverträge gebe es, „so wie es sich gehört.“ Über das Alter der von ihm beschäftigten Jugendlichen konnte der Landwirt keine Angaben machen, unklar blieb auch die Anzahl dieser Mitarbeiter: „Das ist unterschiedlich, es sind ab und zu fünf, … zwei, das kann man nicht genau sagen.“ Eine Antwort die eine Fragestellerin verwunderte: „Sie leiten einen Betrieb und Sie können nicht genau sagen, wie viele Jugendliche bei Ihnen im Betrieb angestellt sind?“
Erörterungstermin infrage gestellt
Namens des BN meldete sich der Verwaltungsrechtler Ulrich Werner umfassend zu Wort. Bereits zu Anfang der Veranstaltung monierte er eine seiner Ansicht nach fehlerhafte Bekanntmachung des Anhörungstermins und das angewandte Procedere zu den Einspruchsfristen.
Edmund Haferbeck, Leiter der Wissenschafts- und Rechtsabteilung von Peta, stellte infrage, ob die von Höckmeier beabsichtigte Tierhaltung überhaupt als landwirtschaftlich privilegiert gilt. Eine Voraussetzung, die das Bauen im Außenbereich erst möglich macht. Damit sprach er aus, was laut Schönauer in vielen Einwendungen zum Baurecht thematisiert wurde und von den betreffenden Einwendern ebenfalls verneint wird. Haferbeck war der Ansicht, dass wegen erheblicher Verfahrensfehler der Erörterungstermin eigentlich hinfällig ist.
Dass Flächen in ausreichender Anzahl zur Tierfuttererzeugung nicht zur Verfügung stünden und die Berechnungen des Amtes für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (AELF) dazu „in jedem Rechenschritt falsch“ seien, sprach für Werner, der dies auch detailliert darlegte, gegen die Privilegierung. Dabei zog er auch diverse Parameter unter Berücksichtigung der zu Höckmeiers Betrieb gehörenden Biogasanlage heran. Die erforderlichen Flächen würde demnach der Betrieb nicht erreichen. Allerdings gibt es offenbar dazu eine uneinheitliche Rechtsprechung.
Für große Verwunderung bei Werner sorgte die Aussage des AELF-Vertreters hinsichtlich der Ertragsermittlung und Pachtdauer von Anbauflächen. Nach Angaben des AELF-Mitarbeiters bekäme man die Ertragsauskünfte von den Erzeugern: „Wir machen natürlich keine Ertragsermittlung. Das sind Erfahrungswerte, die unsere Berater von den jeweiligen Landwirten bekommen.“ Werner jedoch legte bei seinen Berechnungen die amtlichen Angaben der bayerischen Statistikbehörde für den Landkreis Pfaffenhofen zugrunde. Lohr bemerkte, dass man hier den Eindruck habe, die Behörden hätten ihre Werte nur vom Hörensagen.
Entsetzen bei BN-Kreisgeschäftsführerin
BN-Kreisgeschäftsführerin Christine Janicher-Buska sagte daraufhin: „Ich bin jetzt etwas entsetzt, … , dass auch noch der Antragsteller noch befragt wird, was er für Zahlen er noch im Gutachten oder der Stellungnahme drin haben will. So kann es doch nicht gehen. Sie müssen sich doch an die öffentlichen Zahlen halten die aus der Statistik hervorgehen und nicht an Zahlen, die Sie irgendwann einmal gehört haben. So funktioniert das doch nicht.“
Ein weiterer Punkt betraf die notwendigen Pachtflächen und deren gesicherte Restlaufzeiten. Dazu gab es unterschiedliche Auffassungen zwischen dem AELF-Mitarbeiter und Werner. 230 Hektar langfristiger Pachtfläche seien nachgewiesen, die Pachtdauer betrage dabei über neun Jahre, so der Behördenvertreter. Werner führte ins Feld, dass mindestens zwölf Jahre verlangt würden. Auf seine Nachfrage, ob man diese jeweiligen Pachtzeiten genauer darstellen, beziehungsweise hinsichtlich der jeweiligen Zeiträume herausrechnen könne, musste der AELF-Mitarbeiter zu diesem Zeitpunkt passen. Die Pachtvertragsfrage ist deshalb wichtig, weil sie mitentscheidend ist dafür, ob die beantragte Tierhaltung in diesem Umfang noch als landwirtschaftlich beurteilt werden kann.
Beim Thema Luftreinhaltung stellte sich heraus, dass der beauftragte Gutachter in seiner Computerberechnung die Vegetation nicht darstellen konnte. Das Wasserwirtschaftsamt Ingolstadt forderte einen Plan zur Oberflächenentwässerung und die Fachleute vom Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit sprachen sich für ein Bioaerosol-Gutachten aus.
Nachdem die Erörterung den ganzen Tag in Anspruch nahm und nur zwei Drittel aller Punkte dabei abgearbeitet werden konnten, gibt es am morgigen Donnerstag ab 9 Uhr in der Wolnzacher Volksfesthalle eine Fortsetzung. Dann werden die Themen Transportverkehr, Lärm, Abfallvermeidung und -verwertung, Abfallbeseitigung sowie Tierschutz behandelt.
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