Integration von Flüchtlingen - eine Chance für die Betriebe
(Pfaffenhofen, rs)Die Planung der Veranstaltung "Geflüchtete als Chance für meinen Betrieb" basierte auf einer Teilnehmerzahl von ungefähr 40 Interessierten, die sich ein Bild machen wollten über Möglichkeiten, Flüchtlinge in den eigenen Betrieb integrieren zu können. Gekommen waren letztendlich mehr als 60 Teilnehmer, was Beleg dafür sein mag, wie sehr einerseits Industrie, Handel und Handwerk in der Region auf das noch schlummernde Potential der Asylbewerber setzen, andererseits auch ihren Beitrag zur Integration leisten wollen.
Die Caritas hatte im Zusammenwirken mit dem Kommunalunternehmen Strukturentwicklung Landkreis Pfaffenhofen (KUS) und dem Wirtschaftsverband ProWirtschaft sowie dem Wirtschaftsbeirat des Landkreises und auch der Wirtschafts- und Servicegesellschaft Pfaffenhofen (WSP) zu einer Informationsveranstaltung in das Pfaffenhofener Hotel Alea eingeladen. Interessierten Unternehmern und Firmeninhabern sollten die Möglichkeiten aufgezeigt werden, Flüchtlinge auszubilden und in ihr Unternehmen zu integrieren. Dies sei eine unbedingt notwendige Veranstaltung zum jetzigen Zeitpunkt, so Landrat Martin Wolf (CSU) in seinem Grußwort, denn die noch ca. 1500 im Landkreis untergebrachten Flüchtlinge seien weitestgehend die erforderlichen 3 Monate im Land, um einer Arbeit nachgehen zu dürfen. Hinzu käme, dass eine regelmäßige Arbeit oder Ausbildung die Integration fördere und das Selbstwertgefühl der Betroffenen ungemein steigere.
Auch Theresa Stumpf (Foto oben bei ihrem Vortrag), Projektkoordinatorin Asylehrenamt im Caritas Zentrum Pfaffenhofen, betonte die Verlagerung der notwendigen Aufgaben in der Flüchtlingsbetreuung von einer Erstversorgung nach der Ankunft hin zur kontrollierten und strukturierten Integration in unsere Gesellschaft. Neben interkulturellen Aspekten sei die Erlernung der Sprache der Schwerpunkt der aktuell laufenden Ausbildung der Flüchtlinge. Man müsse jedoch schon jetzt die Zeit nutzen, vorbereitende Maßnahmen für einen Berufseinstieg zu treffen, indem man Kenntnisprofile erstelle und Kontakte zu potentiellen Arbeitgebern knüpfe. Die zentrale Frage hierbei sei: Wie findet ein Flüchtling den auf ihn, seine Fertigkeiten und auch seine persönlichen Ziele passenden Ausbildungs- oder Arbeitsplatz?
Diese Thematik anzureißen und vorhandene Netzwerke der Flüchtlingsbetreuung und der Wirtschaft miteinander zu verbinden, das war eine der Zielsetzungen der Veranstaltung "Geflüchtete als Chance für meinen Betrieb" im Konferenzsaal des Hotels Alea. Geladene Teilnehmer waren demzufolge neben Firmenvertretern und Arbeitgeberorganisationen sowie Industrie- und Handels- und Handwerkskammer auch erfahrene Ehrenamtliche, die zu allererst den Kontakt zu den Menschen in den Asylunterkünften haben und nach der weitestgehend abgeschlossenen Phase einer Vertrauensbildung Stärken und Interessen der zumeist jungen Flüchtlinge kennen.
Angeregte Diskussionen in der Pause und beim anschließenden Get-together am Buffet
Dominik Hipp, Juniorchef der gleichnamigen Pfaffenhofener Konditorei, gab einen vielbeachteten Erfahrungsbericht ab, wie unkompliziert in seinem Betrieb ein syrischer Flüchtling zunächst ein Praktikum durchgeführt hat und mittlerweile in einem festen Arbeitsverhältnis steht. "Wir brauchen eine Arbeitsstelle für einen Konditor aus Syrien", mit dieser Bitte kam eine ehrenamtliche Helferin während des Weihnachtsgeschäfts im vergangenen Jahr auf ihn zu. Sein Vater und er hätten das ehrenamtliche Engagement vieler Mitbürger sehr bewundert, leider aufgrund Zeitmangels nicht selber aktiv unterstützen können. "Aber wir konnten etwas anderes machen", fuhr Hipp fort in seinem Vortrag; "Wir konnten eine Arbeitsstelle bereitstellen und damit unseren Teil zur Integration in die Gesellschaft beitragen." Als Inhaber sei er sehr zufrieden mit der Arbeit Mohammeds, aus dem Kollegenkreis habe er nichts Negatives vernommen. Einzig die noch zu dürftigen Sprachkenntnisse verhinderten momentan, dem neuen Mitarbeiter verantwortungsvollere Aufgaben zu übertragen.
Die ganze Macht der Bürokratie in unserem Land wurde im direkt anschließenden Vortrag von Wolfgang Mühlbacher (Agentur für Arbeit Ingolstadt) deutlich. Ein für Betroffene und Ehrenamtliche kaum noch zu durchschauendes Regelwerk, das über Ausbildungen, Arbeitsverträge und damit über die Zukunft von Menschen entscheidet - und in wesentlichen Teilen ganz offensichtlich auch noch auslegbar ist. Die hätten "eine komplett eigene Wahrnehmung" schüttelte ein Teilnehmer verständnislos den Kopf in der dem Vortrag nachfolgenden Pause. Gerade der direkt davor gehaltene Erfahrungsbericht von Dominik Hipp habe bewiesen, wie es gehen kann, wenn man eine rein pragmatische Vorgehensweise einschlage. Die Absurdität mancher Behördenentscheidungen wurde dabei in einer Anekdote deutlich, die Hipp sich nicht verkneifen konnte oder wollte: der syrische Konditor wurde aus dem Status des Praktikums in die Festanstellung übernommen, um ihm eine ansonsten anberaumte Umschulung zum LKW-Fahrer (!) zu ersparen.
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