Ein Hauch von Brodway
(Wolnzach, rt)Erstklassige Kammermusik geboten wurde am gestrigen Sonntag im zweiten Teil der dreitägigen Konzertreihe „Wolnzach klingt“ in der mit Zuhörern vollbesetzten Volksfesthalle des Marktes: Zu Gast war Kapellmeister Andreas Kowalewitz vom Münchner Staatstheater am Gärtnerplatz zusammen mit einer erlesenen Auswahl von Ensemblemitgliedern. Das Publikum war begeistert von der vollendeten Spiel- und Gesangskunst der Interpreten, die einen abwechslungsreichen Mix aus Oper, Operette und Musical präsentierten.
Fotos: Harald Regler und Alfred Raths
Der Wolnzacher Fritz Winter junior ist als Posaunist - sein Schwager Clemens Weigel als Cellist - Mitglied des Staatstheaters und hat das Engagement eingefädelt. Kowalewitz dirigierte nicht nur, sondern begleitete seine Musiker auch am Klavier und übernahm gleichzeitig die Moderation des Kammerkonzertabends. Zu Gehör kamen Auszüge aus Opern, Operetten und bekannten Musicals. Darunter „Batti, batti, o bel Masetto“ aus Mozarts Don Giovanni, Peter Kreuders „Nur eine Stunde“, der Csárdásfürstin „Weißt du es noch?“ oder aus Stephen Sondheimers A Little Night Music „Send in the Clowns".
Sopranistin Navina Heyne
Stimmgewaltige Auftritte
Als absolute Spitzensänger, weil stimmrein und präzise, erwiesen sich dabei die Gesangssolisten: Die erst 24-jährige Österreicherin Jennifer Lary als Sopranistin (Engagement unter anderem am Landestheater Linz), Navina Heyne ebenfalls als Sopranistin aus Berlin (Engagement unter anderem am Staatstheater Mainz) und Tenor Stefan Thomas als Mitglied des Staatstheaters am Gärtnerplatz.
Doch nicht nur sie und der gesamte Klangkörper avancierten in Windeseile zu den Lieblingen des Publikums. Kowalweitz präsentierte sich als eloquenter, äußerst wortwitziger wie auch sympathischer Conférencier, ohne einen Anflug von Allüren, die er sich sicher leisten könnte, wenn er dies nur wollte.
Übrigens war das gestrige Kammerkonzert das erste seiner Art in der Volksfesthalle, die damit eine Aufführungs-Premiere klassischer Musik erlebte. Ebenso erstaunlich wie von Fachleuten unerwartet war die Akustik. Es darf trefflich spekuliert werden, welche Ursache dieser Umstand hat: Ist es die ausgefeilte Tontechnik, die Beschaffenheit des Gebäudes oder alles zusammengenommen …
Sopranistin Jennifer Lary
Kurioses Volksfesthallen-Konzert
„Es ist auch für mich eine große Kuriosität, in einer Volksfesthalle ein Konzert zu geben; ich meine das im positiven Sinne“, sagte Kowalewitz gegenüber unserer Zeitung. „Der Rahmen passt trotzdem und schließlich geht es ja ums Publikum. Wenn es, wie es hier der Fall ist, eine gute Atmosphäre gibt, dann ist es eine Freude hier aufzutreten!“ Dankesworte gingen von ihm auch an die Adresse der Sponsoren, ohne die ein solches Vorhaben nicht realisiert werden könne, wie Kowalewitz bemerkte. Der humorvolle Maestro habe ein möglichst buntes, unterhaltsames Programm bieten wollen, mit ausgewogenen Elementen von Klassik und Unterhaltung (Kowalewitz: „Klassik kann auch sehr unterhaltsam sein!“), wie er anmerkte.
Tenor Stefan Thomas
Für Winter war es ein „wunderbares Gefühl, vor heimatlicher Kulisse und heimatlichem Publikum zu spielen.“ Insbesondere, dass mit dem Konzert auch die klassische Musik wieder einen Schritt mehr zu ihrem Recht in der Sparte Kunst und Kultur käme, sei erwähnenswert. Wolnzachs Kulturreferentin Astrid Elender (FW) wies darauf hin, dass die Formation „German Brass“, deren Mitglied Winter ist, am 9. Oktober den diesjährigen Klassik-Echo-Preis entgegennehmen wird. „Den Preis wollen wir beim nächsten Mal hier auf der Bühne sehen“, forderte Elender.
Posaunist Fritz Winter junior
Vergoldeter Herbst
Wolnzachs Bürgermeister Jens Machold (CSU) nannte die Inszenierung eine „gelungene Vergoldung des Herbstes.“ Er sei stolz darauf, dass Winter und Weigel zum Gärtnerplatz-Ensemble zählten. Auf ein Wiedersehen hoffe er nach dem Umbau der Siegelhalle. Machold hat Kowalewitz eingeladen, zusammen mit seinem Ensemble das Konzert zur Einweihung zu geben. Dann könne wohl auch bis nach 22 Uhr gespielt werden, merkte der Bürgermeister im Hinblick auf die Auseinandersetzungen um den Lärmschutz am derzeitigen Standort der Volksfesthalle an.
Unter den Gästen befand sich auch der stellvertretende Pfaffenhofener Landrat Anton Westner (CSU) - er ist kurz vor Beginn des Konzertes zusammen mit Pfarrer Przemyslaw Nowak von der Altötting-Wallfahrt zurückgekommen -, der die Aufführung als „unwahrscheinlich schön“ bezeichnete und meinte, seine anfängliche Reise-Müdigkeit sei sofort nach Beginn der Musik verfolgen.
Ebenso vom weiteren Publikum geschätzt und gleichermaßen gepriesen wurde der gelebte Musiziergeist des Gärtnerplatz-Ensembles, dessen Leistung folglich auch mit donnerndem Zwischen- und Schlussbeifall quittiert wurde.
Dirigent Andreas Kowalewitz
Zur Person:
Der in Hannover geborene Kowalewitz absolvierte ein Klavier- und Dirigierstudium an der dortigen Hochschule für Musik und Theater. 1985 wurde er als Kapellmeister und Solorepetitor ans Staatstheater Kassel geholt, wo er zum Ersten koordinierten Kapellmeister aufstieg. 1996 wechselte er als Stellvertretender Generalmusikdirektor an die Städtischen Bühnen Nürnberg und seit 2003 ist Kowalewitz als Kapellmeister am Staatstheater am Gärtnerplatz engagiert und dirigierte dort bereits zahlreiche Stücke in allen Sparten des Musiktheaters.
Für die Uraufführung von „Gefährliche Liebschaften“ wurde der Kapellmeister mit dem Deutschen Musical Theater Preis 2015 in der Kategorie „Beste Musikalische Gestaltung« ausgezeichnet. In Wolnzach war er mit dem gestrigen Konzert zum zweiten Mal. Zuvor dirigierte er beim Klassik-Openair 2014 im Markt.
Das Orchester des Staatstheaters am Gärtnerplatz gehört zu den bedeutenden Orchestern von Rang. Sein Repertoire reicht vom Barock bis zu zeitgenössischen Kompositionen und deckt mit Oper, Operette, Musical und Ballett sämtliche Genres des Musiktheaters ab. Der Klangkörper wurde im Jahr 2003 in den Rang eines A-Orchester erhoben.
Cellist Clemens Weigel
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