Goethes Schlittschuh
(Pfaffenhofen, wk)Zum zehnten Mal trafen sich Autoren und Literaturfreunde auf Einladung des Vereins Mobile e.V. beim „Pfaffelwirt“, um einen literarischen Wettstreit auszutragen. Dem Sieger winkte der alternative Literaturpreis Pfaffenhofens, „Goethes Schlittschuh“, eigentlich ein symbolischer Preis, denn Goethe hat niemals einen Schlittschuh in Pfaffenhofen vergessen. Kandidaten traten mit eigenen Texten an und eine dreiköpfige Jury bewertete die Vorträge.
Der große Raum bei „Pfaffelwirt“ war gesteckt voll und Vorstandsmitglied Sebastian Gehrig moderierte den Abend. Neun Autoren hatten sich eingefunden, darunter einige, die bereits seit Jahren mitmachen, aber auch Neulinge. Jeder musste seinen eigenen Text präsentieren, ob gerade erst selbst geschrieben oder aus einem eigenen Buch vorgelesen, das war egal. Nicht nur den Inhalt wurde von der Jury bewertet, auch wie dieser vorgetragen wurde. Nach jedem Autor gaben die drei Jury-Mitglieder Stephan Liegl, Astrid Shchekina-Greipel und Kilian Funk ihre Meinung über das Gehörte ab, ohne gleich eine Bewertung vorzunehmen. Auch die Zuhörer konnten ihre Meinung über die einzelnen Autoren auf ausgelegten Zetteln äußern, was aber nicht in die endgültige Meinung der Jury einfloss.
Fuadasog TV Laura Lange (Mitte)
Michael von Benkel Gerhard Trautmannsberger
Als Autoren waren angetreten: Anna Scheerer, Anna-Elisabeth Frank, Jens Rohrer, Dominik Neumayr, das Duo Fuadasog TV, Susanne Feiner, Michael von Benkel, Laura Lange und Gerhard Trautmannsberger. Außer Konkurrenz meldete sich zudem Roland Scheerer, der „zufällig“ einen Text auf seinem Tablet dabei hatte. Etwas ungewohnt im gesamten Autoren-Karussell war das Duo Fuadasog TV, bestehend aus Fleischi und Maise, die eigentlich als Nahrungsmittel- und Getränkeunternehmen fungieren, aber nicht als Autoren, es sei denn, man sieht eine Kochshow auch als Literatur an. Sie hatten zum Schluss ihres Vortrages rohes Rindergehacktes zu einem leckeren Brotaufstrich hergestellt und zwischendurch leichte Rap-Töne anklingen lassen. Sonst waren die vorgetragenen Texte authentisch wie bei Anna-Elisabeth Frank, die sich in ihrem Text in die Rolle eines Mannes versetzte oder bei Jens Rohrer, der auf skurrile Weise eine zickige Frau beschreibt. Der Neuburger Amtsrichter Michael von Benkel, der schon seit Jahren an diesem Wettbewerb teilnimmt, hatte ein kleines Gedicht vorgetragen über einen Sonnenstrahl der eigentlich dringend auf Toilette musste und es dann doch einfach laufen ließ, was sich in einem Regenbogen niederschlug. Danach folgten die gleichen Zeilen mehrmals, aber immer wieder mit anderer Betonung, zum Schluss sogar zerhackt und dann rückwärts vorgelesen – ein Experiment, das die Zuhörer echt beeindruckte.
Als Sonderfall trat Laura Lange auf, eine behinderte junge Frau, die sich nicht selbst artikulieren kann und nur mit einer Spezialtastatur und Unterstützung durch ihre Mutter ihre Texte schreiben kann. Sie setzte sich damit auseinander, wie die Umwelt mit Behinderten umgeht; und am Ende gab es einige betroffene Gesichter im Publikum wegen ihrer klaren, deutlichen Position.
die Jury v.l.: Kilian Funk, Astrid Shcheckina-Greipel, Stephan Liegl
Zum Schluss der Veranstaltung wurden die Sieger verkündet. Dritte wurde Anna-Elisabeth Frank, Zweiter wurde Jens Rohrer und als Siegerin Susanne Feiner, die sich in ihrem Text in die Rolle der Farbe Rot versetzte und dabei alle möglichen Qualen erleiden musste. Einen Sonderpreis erhielt Laura Lange wegen ihres Mutes, dass sie dieses Mal aufgetreten war. Sie hatte schon früher Texte eingereicht, war aber nie selbst dabei; dieses Mal hatte sie neben ihrer Mutter eine Bekannte mitgebracht, die ihren Text verlas.
Von aussen war zu sehen, dass im "Pfaffelwirt", der ältesten Gaststätte der Stadt, etwas besonders stattfindet.
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