Retter wehren sich
(Wolnzach, rt)Michael Gerhardt (Mittig im Hintergrund) veranstaltet Selbstverteidigungskurse speziell für Rettungskräfte.
Traurig aber wahr: Rettungskräfte werden im Dienst immer häufiger zum Objekt von Schlägern. Weil der seit Jahren zunehmende Verrohung offenbar nicht Einhalt geboten wird, rüsten sich die Helfer nun mit Selbstverteidigungskursen. Einen davon gab es am Wochenende in der Wolnzacher Kapuzinerhalle.
Teakwon-Do-Schwarzgurtträger Michael Gerhardt veranstaltete zusammen mit einem Team erfahrener Kampfsportler diesen ersten „Selbstbehauptungs- und Selbstverteidigungskurs zum Eigenschutz für Ersthelfer und Rettungssanitäter im Einsatz.“
Die Teilnehmer sind Angehörige des Malteser Hilfsdienstes, des Bayerischen Roten Kreuzes und es waren auch einige Ersthelfer vom Flughafen München mit dabei. „Aggression und Gewalt gehören für viele Rettungskräfte mittlerweile leider zum Berufsalltag“, so Gerhardt. An ihn ist kürzlich eine Frau aus den Reihen der Sanitäter herangetreten mit der Bitte, sie und ihre Kollegen doch zu schulen, wie man sich bei körperlichen Angriffen zur Wehr setzen kann. Die Hemmschwelle, Helfer anzugreifen, nehme deutlich ab, sagt Gerhardt. Die Ursachen dafür seien häufig Drogenkonsum oder Alkoholmissbrauch zu suchen.
Für wichtig hält Gerhardt, dass potentielle Opfer aus dem Rettungsdienst lernen, rechtzeitig problematische Situationen zu erkennen. Eine Möglichkeit sei dann, durch „Einsatz präventiver Strategien gegen Gewalt und, wenn unvermeidlich, Selbstschutz durch Anwendung effektiver Techniken“ zu betreiben. Grundlegende Kenntnisse darüber könnten über die körperliche aber auch seelische Unversehrtheit des Helfers entscheiden. Diese seien im Fall einer Konfrontation mitunter überfordert und handlungsunfähig.
Im Kurs lernen die Sanis unter anderem ihr Selbstbewusstsein zu stärken, ihre Reaktionsfähigkeit zu verbessern, sich als Zweierteam gegenseitig abzusichern und freilich auch einige handfeste Techniken zur Selbstverteidigung. Gerhardt und seine Leute sorgen für möglichst realistische Übungsbedingungen. Hautnah geht es im Laufe des mehrstündigen Kurses um Verteidigung auf dem Boden, es geht darum Hemmschwellen zu überwinden, Distanz zu schaffen oder etwa auch um das Befreien aus Haltegriffen.
Die Teilnehmer - übrigens hatten praktisch alle schon mindestens ein Mal einen Angriff während des Dienstes erlebt - waren allesamt von der ersten Minute des Kurses an mit allen Sinnen bei der Sache. Und oftmals selbst überrascht davon, was so alles in ihnen steckt. In 14 Tagen, sagt Gerhardt, kämen schon die nächsten Retter, die etwas über Selbstschutz im Einsatz erfahren wollten. Und so wie die mitunter unfassbare Realität aussieht, wird es bei diesen beiden Veranstaltungen nicht bleiben.
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