Kerstin Schnapp nimmt erste Hürde in Richtung Berlin
(Pfaffenhofen / Freising, rt)Kerstin Schnapp will im hiesigen Wahlkreis bei den Bürgern punkten und als Grünen-Abgeordnete nach Berlin in den Bundestag einziehen. Fotos: Alfred Raths
Ausnahmslos alle Stimmen der Grünen-Delegierten, nämlich 35, konnte Kerstin Schnapp am gestrigen Abend bei der Aufstellungsversammlung im Reichertshausener Gasthof Fuchs für sich verbuchen. Die 40-jährige Pfaffenhofener Grünen-Kreisvorsitzende tritt damit als Stimmkreis-Kandidatin für den Bundestag die Nachfolge von Birgit Mooser-Niefanger an. Die Freisingerin ist voriges Jahr überraschend aus der Partei ausgetreten.
Schnapps Wahl gingen weder Wortmeldungen noch Diskussionsbeiträge der versammelten Grünen voraus. In ihrer Bewerbungsrede zuvor sprach sie von tiefsitzendem Misstrauen der Bürger gegenüber der Politik im Allgemeinen: „Das erodiert die Basis einer liberalen Demokratie“ Es gehe nun darum, für Vertrauen zu kämpfen. „An dieser Vertrauensfrage wird der Bundestagswahlkampf entschieden. Es wird ein Kampf um nichts weniger, als die Demokratie und unser Grundgesetz.“ Am Besipiel der Gleichberechtigung von Frau und Mann machte sie deutlich, dass dies ein politisch langwieriger Prozess sein kann.
Ressorucenverbrauch mindern
„Ich komme mir langsam alt vor, aber es gab eine Zeit, als dieselben Nasen, die heute drei Mal am Tag das Frauenbild konservativer Moslems kritisieren, mit eben diesem Bild unter dem Deckmäntelchen ‚christlich‘ durch die Lande gelaufen sind. Die Grünen haben maßgeblich dazu beigetragen, eine Gesellschaft zu gestalten, in der jeder nach seiner Fasson leben, lieben und selig werden kann. Diese Gesellschaft gilt es zu erhalten und weiter zu entwickeln.“
Aktuell bräuchte man zweieinhalb Planeten, wenn alle so viele Ressourcen verbrauchen würden, wie die Deutschen. „Die Herausforderung ist es, unsere Art des Wirtschaftens so zu organisieren, dass wir die Tragfähigkeitsgrenzen unseres Planeten nicht überschreiten.“ Beim Klimawandel, dem Verlust der Artenvielfalt, der Landnutzung und dem Stickstoffeintrag in die Biosphäre sei die planetaren Grenzen bereits überzogen. Auch bei der Versauerung der Ozeane, der Nutzung von Süßwasser und beim Phosphoreintrag in die Biosphäre sei eine kritische Marke erreicht. „Deshalb stehen wir als hoch entwickelte, hoch technisierte Gesellschaft vor der Aufgabe, unseren Ressourcenverbrauch in Zukunft absolut zu mindern. Eine relative Reduktion, also weniger Verbrauch im Verhältnis zur steigenden Wirtschaftsleistung, reicht nicht aus.“ Soziale Faktoren und Umweltfaktoren müssten Eingang in die Förderung finden, dazu müssten schädliche Subventionen abgebaut werden. Ziel der Grünen sei deshalb, klimaschädliche Subventionen abzubauen. Erneuerbarer Strom sollte dafür günstiger werden, Kohle, Öl und Gas teurer.
Wende in der Agrarpolitik überfällig
Mit einer Wende in der Agrarpolitik nach dem Motto „immer billiger und immer mehr“ will sich Schnapp dafür einsetzen, öffentliches Geld für Tierwohl und Umweltschutz auszugeben anstatt es für den reinen Bodenbesitz zu verwenden. „So profitieren auch unsere Bauern.“
Landwirtschaftspolitik sollte Schnapp zufolge die kleinteilige bayrische Landwirtschaft erhalten, „statt auf ein schlichtes Wachsen oder Weichen zu setzen.“ Nur so könne neben dem Boden auch Wasser als unser aller Lebensgrundlage erhalten werden. „Wir Grüne stehen für eine Politik, in der sich artgerechte Tierhaltung und nicht Tierfabriken für die Landwirte rechnen. Was die Politik des CSU-Landwirtschaftsministers Christian Schmidt anrichtet, wird uns gerade in Eschelbach vor Augen geführt: Das CSU geführte Bundeslandwirtschaftsministerium verweigert den Kommunen nach wie vor ein Mitspracherecht, wenn eine Tierfabrik vor der Haustür entstehen soll. Das Thema verbindliche Haltungsbedingungen, die sich am Tierwohl orientieren, steht bei der CSU nicht auf der Agenda.“ Es bedürfe politische Rahmenbedingungen, die es ermöglichen, von einer umweltschonenden und am Tierwohl orientierten Landwirtschaft zu leben.
Kampf um Erhalt der Krankenhäuser
Drängendes Thema sei gerade in der hiesigen Region der bezahlbare Wohnraum. Das könne aber nicht nur Aufgabe der Kommunen sein. Ebenso sei der Erhalt kommunaler Krankenhäuser eine Sache, die auch vom Bund getragen werden müsse. „Hier gilt es, für den Erhalt der Versorgung der Patienten vor Ort zu kämpfen, statt immer drastischeren Sparmaßnahmen und Zentralisierungsbestrebungen den Weg zu ebnen.“
Dass die Grünen im Großen und Ganzen, und zwar von Reichertshausen bis Brüssel, an einen Strang zögen, das schätze Schnapp sehr. Wenn man sich jedoch ein lokales Thema wie 3. Startbahn ansehe: „Seehofer zieht mal in die oder die Richtung, Irlstorfer ist, zumindest liest man das dann irgendwo im Fließtext eines Interviews, dagegen und ansonsten macht die CSU eine Politik pro dritte Startbahn.“
20 Jahre Grünen-Politik
Schnapp tritt im Bundestagswahlkreis 214 (Landkreise Freising und Pfaffenhofen dazu die Stadt Schrobenhausen und die Gemeinden Aresing, Berg im Gau, Brunnen, Gachenbach, Langenmosen und Waidhofen) zur Wahl im Herbst an. Sie ist in Freising geboren, in Reichertshausen aufgewachsen und lebt in Pfaffenhofen als Gesellschafterin einer Filmproduktionsfirma. Zu den Grünen kam sie 1997, war ein Jahr später bereits Schriftführerin im Kreisvorstand und dazu in vielerlei Arbeitskreisen aktiv. Seit 2010 ist Schnapp Pfaffenhofener Kreisvorsitzende. Die 40-Jährige führt den Fraktionsvorsitz im Kreistag von Pfaffenhofen und bildet mit Pfaffenhofens Landratskandidat Norbert Ettenhuber die Kreisspitze der Grünen.
Wer mit Schnapp ins persönliche Gespräch kommen will, hat dazu unter anderem am 8. März um 19 Uhr in Goldach anlässlich einer Grünen-Ortsversammlung beim Alten Wirt die Gelegenheit; ferner beim 11. März Grüne-Frühschoppen um 11 Uhr in der Geschäftsstelle der Grünen am, Riederweg in Pfaffenhofen, bei der Kreisversammlung der Freisinger Grünen am 13. März um 20 Uhr im „EtCetera“ in Freising und vom 17. bis 19. März bei der Wolnzacher Messe.
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