Vollgas durchgeraucht
(Wolnzach, ls)Wie nennen Sie eigentlich Ihr liebstes Suchtgerät? Zigi? Kippe? Lulle? Oder ganz juvenil, Pyro oder Zichte? Wie wäre es mit Teerschnittchen? Egal wie sie Ihre Zigarette nennen, ob Pusterette oder gar Nikotinsublimationsaggregat, verlieren wir doch zur Feier des Tages ein paar Gedanken an den (Achtung, makaber!) Sargnagel. Ja, schon klar, immer leichter gesagt als getan.
Seit 1987 ruft die WHO jedes Jahr am 31.Mai den Weltnichtrauchertag aus. Und das mit gutem Grund. Laut Studien der Deutschen Krebsgesellschaft sind im Jahr 2013 121 000 Menschen an den Folgen des Rauchens gestorben. Jeder dritte junge Erwachsene zwischen 18 und 25 Jahren raucht regelmäßig. Dabei ist Aussagen von Psychologen zufolge das Rauchen nichts anderes als ein antrainierter Zwang, der, so schwer es fällt, überwunden werden kann.
Zugegebenermaßen, geht man mittlerweile mit offenen Augen durch die Welt, dann scheinen die Raucher schön langsam zur aussterbenden Spezies zu werden. Sie fristen ihr Dasein in durchsichtigen Glaskästen am Bahnhof oder im Novemberregen vor der Lieblingskneipe. Seit mittlerweile sieben Jahren hat man sie aus öffentlichen Einrichtungen, Restaurants und Bierzelten verbannt. Doch für viele Raucher ist das wahrscheinlich nicht der einzige Grund dem Glimmstängel ein für alle Mal abzuschwören. In den Tiefen unseres Verlags konnten zwei Ex-Raucher gefunden werden, deren gewonnener Kampf über das vermaledeite Nikotin Hoffnung macht.
Gerald: „Wenn du aus den falschen Gründen aufhörst, dann scheiterst du.“
In der 8. Klasse hat die Reise für ihn begonnen, und das ganz privat und ohne den Druck einer Clique. Den Grund dafür kann er auch nicht ganz festmachen. „Warum macht man dumme Dinge?“, so Gerald. 15 Jahre lang hat er „hardcore, vollgas durchgeraucht.“ „Am Anfang sieht man das einfach nicht, dieses Gesamtpaket aller schlechten Eigenschaften“, erklärt er. Aber dann ging es irgendwann los: Die Ausdauer stimmte nicht mehr, die Kosten wurden zum Faktor.
Für Gerald reicht der Druck auf den Geldbeutel jedoch nicht aus. „Wenn man nur aus finanziellen Gründen aufhört, dann wird man immer wieder anfangen, sobald wieder mehr Geld in der Tasche ist“, so seine feste Überzeugung.
Dem Nikotin zu entsagen wurde für ihn daher zum Einschnitt, über den er trotzdem akribisch Buch führt, und das bis heute. Am 4.12.2010 um 4 Uhr morgens wurde der Entschluss gefasst und durchgezogen. 2373 Schachteln oder 54 590 Zigaretten oder 13 054,13 Euro hat er sich seither gespart. Eine Zahl, die ihn jeden Tag aufs Neue motiviert. Letzten Endes waren es aber dann doch die Veränderungen, die sein Körper durchlief. „Alles hat sich verbessert, mein Geschmackssinn, die Kurzatmigkeit und das morgendliche Kratzen im Hals“, so Gerald. Vermisst hat er seit jener Dezember Nacht nie mehr.
Regina: „Du musst nur eine Woche durchhalten, dann wird’s einfacher.“
„Die ersten drei Tage war ich unerträglich“, erzählt Regina. Das Aufhören war für sie ein Prozess in Etappen. Mit 14 Jahren beginnt ihre Suchtgeschichte. Immer wieder hat sie den Versuch gewagt und den Zigaretten abgeschworen, und immer wieder gab es Momente, wo sie im wahrsten Sinne des Wortes rückfällig wurde. Dabei hatte sie es schon mal geschafft, mit 17 hatte sie zum ersten Mal aufgehört, und das für ganze fünf Jahre.
„Dann bin ich nach Florenz gegangen und wohnte mit ganz vielen Mädels, die alle Marlboro rauchten, in einer WG“, so Regina. Nach einem schlimmen Streit mit dem daheimgebliebenen Freund, war es dann eine Frustzigarette, die die zweite Etappe auslöste, bis sich 13 Jahre später ein kleiner Sohnemann ankündigte. „Wahrscheinlich hätte ich nie aufgehört, wenn ich kein Kind bekommen hätte“, meint Regina.
Für sie war es der Gedanke der Auszeit, der tief in ihr verankert war und der sie auch bis heute nie richtig losgelassen hat. Eine zum wach werden morgens, eine zum runterkommen mittags, eine zur Pause am Nachmittag und dann noch eine letzte vor dem Schlafen gehen – Regina musste Rituale durchbrechen. Geholfen haben dabei natürlich die Vernunft und Bücher wie „Endlich Nichtraucher“. Emotional gesehen, war es dann aber das Versprechen an den Sohn, einen gesunden und vorbildlichen Lebensstil zu pflegen. Ihre Message an jeden, der eine Zigarette angeboten bekommt: „Überleg dir stark, ob es dir das wert ist.“
Bild: Hautumm/pixelio
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